Vortrag: Die Protokolle der Weisen von Zion mit Prof. Dr. Tilly (Uni Tübingen)
Am Montagabend des 10.05.2021 hatten wir die Ehre den zweiten Referenten dieses Semesters bei uns virtuell begrüßen zu dürfen. Unter dem Thema „Die Protokolle der Weisen von Zion“ referierte Bundesbruder Tilly vom VDSt Königsberg-Mainz vor fast 40 Zuhörern. Bundesbruder Tilly ist Professor für Neues Testament und Antikes Judentum an der Universität Tübingen und veröffentlichte erst letztes Jahr einen dreiteiligen Sammelband zur jüdischen Geschichte, Kultur und Literatur. Dementsprechend viel hatte er uns zu berichten: Die Protokolle haben ein fiktives Gespräch zwischen einem Rabbiner und einem zionistischen Ältestenrat zum Gegenstand, in welchem die notwendigen Schritte erklärt werden, die es braucht um die ganze Welt einer jüdischen Schattenregierung zu unterwerfen. Sie sind dabei das Produkt der Verarbeitung verschiedenster literarischer Elemente, unter anderem von Maurice Joly und Alexandre Dumas, welche wesentliche Parallelen aufzeigen, jedoch erst durch ihre Adaption und Verdrehung in die Protokolle hinein ihre antisemitischen Botschaften erhielten. Konkret verfasst wurden die Protokolle im Übrigen vom „Ochrana“, dem Geheimdienst des russischen Zarenreiches, um ein hilfreiches Werkzeug im Kampf gegen den aufkeimenden Liberalismus zu entwickeln. Ebenso spannend wie die Entstehung war aber auch die Rezeption und Verbreitung der Protokolle. Nach Veröffentlichung wurden die Protokolle schnell in viele Sprachen übersetzt und fanden natürlich auch ihren Weg nach Deutschland. Für die Nationalsozialisten waren die Protokolle ein Standardwerk. Hitler selbst bezog sich mehrfach konkret auf sie und benutzte sie unter anderem als Rechtfertigung der Shoa. Auch in den USA fanden die Texte weite Zustimmung und wurden unter anderem von Henry Ford in „The international jew“ weiterverarbeitet und verlegt.
Der Vortrag war dabei deutlich umfangreicher und detailgetreuer als ich dies hier in wenigen Sätzen darstellen kann. Ein wichtiges Resümee möchte ich aber an dieser Stelle nochmal hervorheben. Die Protokolle haben auch heute noch nicht gänzlich ihre Wirkung verloren, was sich bei jeder Verschwörungstheorie zur „Neuen Weltordnung“ oder den „Rothschilds“ zeigt. Der Grund ist dabei ebenso perfide wie genial: Die Juden sind Staatsfeinde, die ihre staatsfeindlichen Absichten perfekt verstecken können und wer so beharrt darauf ist seine Ziele zu verbergen, muss böse Absichten haben. Dieser Kreisschluss sorgt dafür, dass auch über 100 Jahre nach bekannt werden der Fälschung der Protokolle sich diese in antisemitischen Kreisen weiterhin halten.
Der Vortrag wurde ergänzt um eine umfassende Fragerunde, die sich zunächst konkret mit den Protokollen, später mit dem Phänomen des (teilweise sehr alten) Antisemitismus befasste. Abgerundet wurde der Abend durch das digitale Überreichen eines guten Roten, welchen wir zuvor per Post verschickten. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich nicht empfiehlt verheirateten Referenten unmarkierte Pakete Rotwein an ihre Heimatadresse zu schicken. Dies kann wohl bei der Annahme unter Umständen zu Missverständnissen führen. Man lernt wohl nie aus. (DH)